Knochenaugmentation

Knochenaugmentation

Der gezielte Aufbau von Gewebe wird als Augmentation bezeichnet.

Ziel augmentativer Maßnahmen am Knochen ist in der Zahnheilkunde einerseits die Rekonstruktion verloren gegangener Knochensubstanz, etwa bei Parodontaldefekten (Auffüllen von Knochentaschen) oder Kieferkammatrophie, darüber hinaus aber auch die Gewinnung zusätzlichen Knochenvolumens in vorher nicht knöchernen Bereichen, z.B. in der Extraktionsalveole (Socket preservation) oder am Kieferhöhlenboden (Sinusboden­aug­men­ta­tion).

In der Regel werden für Augmentationen zusätzliche (resorbierbare oder nicht resorbierbare) Materialien eingebracht:

Dabei kann es sich um Membranen handeln, die vor allem der Abschirmung des Augmentationsbereiches vor einwachsendem Schleimhaut- und Bindegewebe dienen (Gesteuerte Knochenregeneration, GBR). Die meist granulierten Knochenersatzmaterialien können synthetischen Ursprungs sein, bei tierischem Material handelt es sich häufig um bovinen (d.h., Rinder-) Knochen.  Natürlicher Knochen bietet gegenüber künstlichen Materialien oft entscheidende strukturelle Vorteile, so etwa eine sehr hohe Porosität, die das Einlagern von Gewebsflüssigkeiten und die Durchdringung mit  neu gebildetem körpereigenen Knochen erleichtert.

Bei menschlichem Knochen unterscheidet man zwischen  Autotransplantat (Spender ist Empfänger) mit Entnahme von Knochen aus anderen Kiefer- oder Körperregionen und Allotransplantat (Spender≠Empfänger) etwa aus Leichenknochen.

Jegliches Fremdgewebe muss außerordentlich sorgfältig von lebensfähigem Gewebe gereinigt werden (Sterilisation, Denaturierung von Proteinen, Entfernung organischer Komponenten, etc.), um eine Infektionsgefahr auszuschließen.

Einige Augmentationsverfahren erfordern einen räumlich und/oder zeitlich getrennten Zweiteingriff, etwa zur Transplantatentnahme oder Entfernung nicht resorbierbarer Materialien oder Hilfseinrichtungen.

Knochenaugmentationen dienen häufig zur Vorbereitung oder Begleitung von Implantationen, um eine ästhetisch und funktionell optimale Implantatposition realisieren zu können. Als "Goldstandard" gilt dafür neben der Distraktionsosteogenese die Augmentation mit autologem Eigenknochen, in Form aufgefangener und mit Eigenblut vermischter Knochenspäne, neuerdings auch mit in einer Gewebskultur "gezüchteten" Knochenzellen (bone tissue engineering), vor allem aber als autologes Blocktransplantat.

Dabei werden anderenorts entnommene Knochenblöcke am gewünschten Implantationsort mit Membranen, Nägeln, Schrauben etc. befestigt Typische Bereiche für eine Knochenaugmentation im Sinne einer Auflagerungsplastik sind der Unterkieferseitenzahnbereich (Ausgleich einer Kieferkammatrophie) und die Oberkieferfront (Verstärkung der labialen Knochenlamelle).

Durch eine anfängliche Überdimensionierung des Transplantats kann der im Verlauf der Heilungsphase zu erwartende Volumenverlust des Augmentats von bis zu 50 %  kompensiert werden.

Während Eigenknochen vollständig einheilt, können (osteokonduktive oder osteoinduktive) Fremdmaterialien oft nur teilweise und sehr langsam resorbiert werden und sind noch nach vielen Jahren nachweisbar.

Der Erfolg einer Augmentation kann durch die Verwendung von Wachstumsfaktoren (meist Proteine, Hormone) gefördert werden, die das Knochenwachstum anregen (z.B. BMPs, bone morphogenetic proteins).